Februar 2023, Schnüss
„Die Niederbachemer waren froh, als die Ukrainer weg waren“
Wie die Wachtberger CDU mit einem ernsten Thema umgeht
Regelmäßig gepflegt und mit Kunstblumen geschmückt wird das sogenannte Soldaten- oder Polengrab in einem Fichtenwald südlich von Wachtberg-Niederbachem, ganz in der Nähe des Golfplatzes. Tatsächlich erinnert das schlichte Holzkreuz ohne Inschrift an zwei junge Zwangsarbeiter aus der Ukraine, die dort im Herbst 1944 erschossen und an Ort und Stelle verscharrt wurden. Zwar wurde die Tat offiziell nie aufgeklärt, doch dafür ranken sich umso mehr Gerüchte um das Grab. So soll einer der Mittäter noch leben. Es wird auch erzählt, bei demjenigen, der das Grab pflege, handele es sich um einen Nachkommen einer der Ukrainer.
CDU-Fraktion lehnt Gedenkstein für NS-Opfer ab
Gut 56 Jahre nach der Ermordung der Zwangsarbeiter, am 3. April 2001, stellte Ulla Morr für die SPD-Fraktion im Wachtberger Schul- und Kulturausschuss den Antrag, an ihrem Grab einen Gedenkstein zu errichten. Die Inschrift sollte lauten: »In Erinnerung an die hier ohne Gerichtsverfahren erschossenen zwei Zwangsarbeiter aus der Ukraine gedenken wir aller Opfer der NS-Gewaltherrschaft«. Doch die CDU-Mehrheitsfraktion meldete Bedenken an. Schließlich einigte man sich darauf, erst einmal bei der Verwaltung eine Aufstellung der vorhandenen Gedenkstätten und ihrer Inschriften in Auftrag zu geben und Informationen über die Geschichte der Zwangsarbeiter in Wachtberg zu sammeln. Als 19 Monate später endlich alle Informationen da waren, entschied die CDU-Fraktion, dass es in Wachtberg gar keinen Gedenkstein geben soll, weder für die beiden ermordeten Zwangsarbeiter noch allgemein für NS-Opfer.
Den Anstoß zu der SPD-Initiative hatte ein im Dezember 1997 im Niederbachemer Heimatbrief erschienener Aufsatz gegeben. In dem Beitrag schildert ein Niederbachemer Bürger unter dem Pseudonym »C+C« die Geschichte der beiden Ukrainer, die im Sommer 1944 ihre Arbeitsstellen bei Bauern in Oedingen und Oberbachem verlassen und sich in den Wald abgesetzt hatten. So wie sie handelten damals nicht wenige Zwangsarbeiter in Deutschland. Der Krieg schien bald zu Ende zu sein. Und die Lebensbedingungen wurden immer schlechter, besonders für die Zwangsarbeiter aus dem Osten, die als »Untermenschen« ohnehin einen schweren Stand hatten. Die beiden Ukrainer, damals kaum älter als C+C, hielten sich von nun an mit Diebstählen am Leben, stahlen Kartoffeln von den Feldern, Obst von den Bäumen und Hühner aus den Ställen. In Züllighoven sollen die beiden einmal Pökelfässer mit Speck und Schinken geplündert haben. Einmal wurden sie beim Versuch, eine Gartenbude aufzubrechen, von einem Jagdaufseher erwischt, konnten aber fliehen.
»Die beiden wurden kurzerhand erschossen«
»Nach diesem Vorfall wurde es um die beiden ruhig«, schreibt C+C. »Aber sie mussten sich ja auf den kommenden Winter vorbereiten. Sie bauten sich in der Nähe von ihrer späteren Grabstätte eine Unterkunft im Boden.« Ein Mann hörte mittags das Klopfen in der Fichtenschonung. »Mit Soldaten«, die sich damals im Dorf befunden haben sollen, sei die Schonung durchkämmt worden. »Man fand frische Erde, die mit Gras, Moos und Tannenzweigen abgedeckt war«, schreibt C+C. Die Soldaten hätten die beiden zum Herauskommen aufgerufen. »Aber erst nach Zündung einer Handgranate, die auf den Unterstand geworfen wurde, kamen sie heraus. … AIs Luke zu dem Unterstand diente eine Bonner Obstkiste, die mit einer kleinen Fichte bepflanzt war. Die beiden wurden kurzerhand erschossen« und an Ort und Stelle begraben. Später sollen auf dem Grab Wildschweine gewühlt haben. Ein Ukrainer, der in der Nähe arbeitete, habe seine ermordeten Landsleute daraufhin tiefer beerdigt.
Nach dem Krieg seien immer wieder Anfragen vom Amt in Berkum gekommen, ob sich in der Gemeinde Soldaten- oder andere Gräber befänden, schreibt C+C. Doch der damalige Ortsvorsteher Michael Josef Kessel, der den ersten Weltkrieg mitgemacht hatte, sei der Meinung gewesen, man solle die Toten ruhen lassen, weil sie ja auch selber an ihrem Schicksal mitschuldig gewesen seien. Wegen der Nähe zur Gemarkungsgrenze, die er ja nicht so genau zu kennen brauchte, wurde diese Grabstätte nicht gemeldet. Anfang der 60er-Jahre sei das Grab wieder entdeckt worden, als im Zuge der Flurbereinigung neue Wege durch den Wald angelegt wurden. Einer führt direkt an der Grabstelle vorbei, die seitdem von »einer Familie aus dem Ländchen« gepflegt werde.
Wehrmacht oder Bürgerwehr?
Vor zwei Jahren entfachte die öffentliche Debatte um Entschädigungszahlungen an die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter das Interesse an der braunen Vergangenheit auch in Wachtberg neu. Die inzwischen pensionierte Gesamtschulrektorin und SPD-Ratsfrau Ulla Morr versuchte Licht ins Dunkel der Geschichte zu bringen. Dabei habe sie anfangs von der Gemeinde durchaus Unterstützung erhalten, berichtet die 64-Jährige. So konnte sie gemeinsam mit dem CDU-Ratsherrn und Vorsitzenden des Heimatvereins Pech, Günter Wagner, im Juni 2001 einen Besuch des ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters Kasimir Bielawski organisieren. Sobald es um den Fall der beiden Ukrainer ging, sei es mit der Unterstützung allerdings vorbei gewesen, sagt Morr. Sie ist sich sicher, dass einige Alteingesessene weit mehr über die Geschehnisse wissen, als sie zu verraten bereit sind. Nach ihren Informationen sollen an der Hatz auf die beiden Ukrainer außer Wehrmachtssoldaten auch etwa 40 Leute aus den umliegenden Dörfern beteiligt gewesen sein. Einer der Täter habe sich später erhängt. Es gehe ihr nicht darum, die Namen der Täter nach mehr als 50 Jahren ans Tageslicht zu befördern, sagt Morr. »Wir wollen nicht anprangern, sondern einen Akt der Versöhnung.«
Regelrechte Treibjagd mit ca. 40 bewaffneten Männern
Ähnlich dachte wohl auch ihr Kollege Gerd Grundmann, der 1985 an der Wachtberger Hauptschule ein Projekt zur 40. Wiederkehr des Kriegsendes initiierte. Schüler trugen damals in Interviews mit Eltern und Verwandten Informationen über die letzten Kriegstage im Drachenfelser Ländchen zusammen. Auf einer der 34 Seiten des ansonsten sehr detaillierten Projektberichts wird, »um eine Zuordnung zu vermeiden und um die z. T. noch lebenden Beteiligten nicht zu belasten, allgemein wiedergegeben, was es auch im Ländchen gab«. So etwa die Geschichte von dem polnischen Jugendlichen, der erschossen wird, weil er mit einem 16-jährigen deutschen Mädchen »Rassenschande« begangen hat – das Mädchen kommt ins KZ und kehrt später zurück; die Geschichte von dem Landwirt, der noch zwei Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner einen Polen erschießt, »weil dieser auf dem falschen Feldteil arbeitet«; und eben auch die Geschichte der beiden Ukrainer, die hier als »russische Jungens, l6 und 17 Jahre alt« bezeichnet werden. Aus zwei Orten Wachtbergs habe man »eine ca. 40 Mann starke, bewaffnete Einheit zusammengestellt und dann regelrecht Treibjagd auf die beiden gemacht«, heißt es in dem Projektbericht. »Als man sie findet, werden sie an Ort und Stelle erschossen. Das hier heimlich aufgestellte Kreuz wird mehrmals wieder zerstört.«
Fast elf Monate benötigte die Verwaltung, um dem Schul- und Kulturausschuss die geforderte Aufstellung der Ortschaften vorzulegen, in denen Ehrenmale oder Grabsteine von Gefallenen zu finden sind und festzustellen, dass ein pauschaler Hinweis auf die Opfer der NS-Gewaltherrschaft fehlt. Ein weiteres halbes Jahr später, am 3. September 2002 erhielten die Ausschussmitglieder endlich ein paar allgemeine lnformationen über die im Gemeindearchiv lagernden Zwangsarbeiter-
Akten. Demnach gab es im damaligen Amt Villip 636 Zwangsarbeiter aus sieben Ländern. Mindestens 51 weitere lebten in den damals zum Amt Meckenheim gehörigen Gemeinden Adendorf, Arzdorf und Fritzdorf. Damit bestätigte sich, was nicht nur Ulla Morr und C+C längst vermuteten: dass nicht nur in den Krautfabriken und den Adendorfer Töpfereien, sondern auch in fast allen landwirtschaftlichen Betrieben Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
Schutz noch lebender Beteiligter muss garantiert sein
Weiter heißt es im Bericht der Verwaltung: »Auf den Karteikarten von 6 Personen, die ,1944 ihre Arbeitsstelle verlassen und flüchtig‘ bzw. ,im März 45 ohne Abmeldung verzogen‘, wurde nachträglich ein Paßbild angeheftet.« Es verstehe sich von selbst, dass »alle Angaben anonymisiert erfolgen«, und entsprechend den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes »die Nutzung der aufgeführten Quellen durch Dritte wegen der Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange von Personen versagt wird«. Nach Auffassung der Gemeinde dürften die Akten nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit oder Dissertation eingesehen werden, erklärt Dezernent Hans-Dieter Kümpel.
Aufgrund dieser ungewöhnlich engen Auslegung des Archivgesetzes wurde Ulla Morr die Einsicht in die Zwangsarbeiter-Akten verweigert. Sie sollen, wie andernorts auch, Angaben zu Namen, Alter, Herkunfts- und Arbeitsort der Zwangsarbeiter enthalten. Bürgermeister Hans-Jürgen Döring berichtete indessen im Schulausschuss, »der Status des Grabes« sei unklar. »Einige Einheimische« behaupteten, dort befinde sich gar kein Grab. Für die Gemeinde sei die Angelegenheit jedenfalls »nicht zu stemmen.« Man benötige Partner aus der Wissenschaft. Es wäre zu begrüßen, wenn jemand eine Diplomarbeit oder Dissertation zum Thema »Zwangsarbeiter in Wachtberg« schreiben würde, sagte die Wachtberger CDU-Vorsitzende Ursula Perkams.
Ulla Morr war inzwischen längst von ihrem ursprünglichen Vorhaben, einen Gedenkstein am Grab der beiden Ukrainer zu errichten, abgerückt. Der Widerstand sei zu groß gewesen, sagt sie. Doch habe die CDU-Fraktion ihre Bereitschaft signalisiert, einen Gedenkstein für alle NS-Opfer an anderer Stelle zu errichten. Die Sozialdemokraten sahen sich schon fast am Ziel. Acht Tage vor der Bundestagswahl frohlockten sie im Amtsblatt »Wir Wachtberger«, der Schul- und Kulturausschuss habe nun »endlich beschlossen«, die Wachtberger Zwangsarbeiterschicksale »mittels einer Diplom- oder Doktorarbeit aufarbeiten zu lassen«. Zwei Wochen später mussten sie sich in der nächsten Ausgabe des Amtsblatts von der CDU – unter der Überschrift »Wie man mit einem ernsten Thema umgehen sollte« – belehren lassen, dass der Ausschuss so etwas gar nicht beschließen könne, »da Doktor- oder Diplomarbeiten bekanntlich von Professoren an Studenten vergeben werden«. Leider sei immer noch nicht beantwortet, ob es auf den Gefallenen-Ehrenmalen nicht auch eine Inschrift gebe, die der Zwangsarbeiter gedenke – tatsächlich hatte die Verwaltung dies bereits im Februar verneint. Auch der Inhalt des »sehr informativen und verdienstvollen Projektberichts der Hauptschule aus dem Jahr 1985 sei immer noch nicht allen Ausschussmitgliedern bekannt. Die CDU-Fraktion hoffe, dass bis zur nächsten Sitzung alle Informationen vorgelegt würden. »Dann endlich wäre es möglich, einen hoffentlich einstimmig zu verabschiedenden Text für eine Gedenktafel auch dieser Kriegsopfer zu finden.«
Genug Gedenksteine auf Wunsch der Bevölkerung in Wachtberg
Bis zur Sitzung am 12. November lagen alle Informationen vor, und so beantragte Ulla Morr namens der SPD-Fraktion, einen Gedenkstein an einem zentralen Standort, vorzugsweise am Rathaus, mit der Inschrift »Im Gedenken an alle in Wachtberg umgekommenen Opfer der NS-Gewaltherrschaft« zu errichten. Auch die SPD strebe Einstimmigkeit an, erklärte die Ausschussvorsitzende Anneli Schmid. Darauf entgegnete Ursula Perkams schroff, die CDU-Fraktion sei inzwischen von dem Vorhaben eines »zentralen Gedenksteins« abgerückt. Die Christdemokraten sähen »keinen Handlungsbedarf«. Es gebe in Wachtberg bereits genug Gedenksteine, die »auf Wunsch der Bevölkerung« errichtet worden seien. Daher solle man »das Thema heute auf sich beruhen lassen«.
Dieser Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes wurde von der Ausschussvorsitzenden jedoch nicht als solcher erkannt, und so entspann sich eine skurrile Debatte. Dem UWG-Vorsitzenden Paul Giersberg war die Inschrift nicht allgemein genug. Er hätte es gern »schlicht und einfach«, sagte Giersberg. »Jeder Tote ist zu viel«, doch »die Wortwahl« gefalle ihm nicht. Die beiden toten Ukrainer seien »ja nicht unbedingt NS-Opfer«. Bürgermeister Döring sagte, nach einigem Herumgestotter, er habe »den Eindruck gewonnen, dass mit jedem Text gleichzeitig wieder eine Ausgrenzung bewirkt wird«. Vertreibungs- oder Stasi-Opfer könnten sich diskriminiert fühlen. Das Gedenken solle besser »durch Gebrauch und Übung« als durch einen Gedenkstein gepflegt werden, so Döring weiter. »Etwa im praktischen Verhalten gegenüber Ausländern«, präzisierte sein Fraktionskollege Günter Wagner. So wie im Falle des ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters, der im vergangenen Jahr die Gemeinde besucht habe und voll des Lobes gewesen sei. So werde »den Jugendlichen« ein positives Geschichtsbild vermittelt. Im Übrigen, sorgte sich Wagner, werde eine »kleine Plakette« auf einem bestehenden Gedenkstein ohnehin kaum wahrgenommen. Anneli Schmid äußerte ihr völliges Unverständnis für die Argumente der Christdemokraten. Sie erinnerte daran, dass sämtliche Gedenkstätten in Wachtberg Kriegsgräber seien und viele Kommunen in letzter Zeit Gedenksteine für NS-Opfer errichtet hätten. Die Vertreterin der Grünen, Margarete Hohenthal, sagte, es werde »hier offenbar überhaupt nicht wahrgenommen«, dass der Antrag darauf abziele, der Opfer zu gedenken.
Gedenken der Täter statt der Opfer?
Woraufhin Ursula Perkams sich über den »ungeheuerlichen Satz« echauffierte, man gedenke in Wachtberg nur der Täter, nicht der Opfer. Betroffen zeigte sich Ulla Morr. Man sei schon einmal weiter gewesen. Solch ein Symbol der Entschuldigung für die mehr als 600 Zwangsarbeiter sei einer Gemeinde durchaus angemessen. Als die Ausschussvorsitzende Schmid schließlich für eine Vertagung des Themas plädierte, erklärte Perkams, sie habe eigentlich die Absetzung des Themas von der Tagesordnung beantragt. Im Übrigen wolle sie davon nichts mehr hören. Monica Flohr, als sachkundige Bürgerin für die CDU im Ausschuss, verwahrte sich gegen den Vorwurf, die CDU lehne einen Gedenkstein kategorisch ab. Doch hätten sich die Christdemokraten inzwischen »ihre Meinung gebildet« und damit basta. So ist also das Vorhaben, den in Wachtberg umgekommenen NS-Opfern einen Gedenkstein zu widmen, wohl endgültig am Widerstand der CDU-Mehrheitsfraktion gescheitert, die einen Gedenkstein zwar nicht kategorisch ablehnt, sich aber jede weitere Debatte über das »ernste Thema« verbittet.
C+C hätte nichts gegen einen Gedenkstein einzuwenden, sagte er in einem Gespräch mit dem Verfasser am 27. April 2001. Schließlich handele es sich hier um »ein Stück Niederbachemer Geschichte«, auch wenn die beiden Ukrainer letztlich »selbst schuld« gewesen seien. Die Niederbachemer jedenfalls seien froh gewesen, als die Ukrainer »weg waren«, sagt C+C. Ein Menschenleben sei damals ja »nicht viel wert« gewesen. Jeder habe genug Sorgen um seine Familienangehörigen gehabt. Einer der beiden Ukrainer, »Pedro« genannt, habe zudem als gefährlich und brutal gegolten. Er sei »elternlos auf einer Kolchose groß geworden« und habe zunächst in Niederbachem, später in Oberbachem gearbeitet. Beide hätten »wenig Grütze im Kopf« gehabt. Im Übrigen sei es den in der Landwirtschaft beschäftigten Zwangsarbeitern recht gut gegangen. Der Umgang mit ihnen sei »sehr human« gewesen, mehr als den Nazis lieb gewesen sei. Er habe einmal klarstellen wollen, was damals wirklich passiert sei, sagt C+C zur Begründung, warum er den Artikel im Heimatbrief veröffentlicht hat. Denn es werde viel über die Geschichte erzählt, aber kaum jemand wisse etwas Genaues. Er selbst sei durch die Feldarbeit »nah dran am Geschehen« gewesen. So erinnert er sich noch gut, dass die beiden Ukrainer zur Zeit der Kartoffelernte, vermutlich im Oktober, erschossen worden seien. Allerdings möchte C+C, dass »möglichst wenig darüber geschrieben wird«. Vor etwa 30 Jahren hätten »einige Fanatiker« schon einmal erfolglos versucht, »zu bohren«.
Ob bald ein Historiker bohren wird, erscheint mehr als fraglich, denn die Gemeinde Wachtberg hat bislang keinerlei Anstrengungen unternommen, um Universitäten auf das Thema aufmerksam zu machen. Dies sei auch nicht geplant, sagt Dezernent Hans-Dieter Kümpel. Sollte sich aber zufällig doch irgendwann einmal ein angehender Magister oder Doktorand dazu aufraffen, die Geschichte der Zwangsarbeiter in Wachtberg zu untersuchen, können die Familien der Täter dennoch ruhig schlafen. Ihre »schutzwürdigen Belange« werden berücksichtigt. Fragt sich nur, ob der Gesetzgeber ebenfalls die Belange der Täter im Auge hatte, als er das Archivgesetz erließ.